Fünf Argumente für einen gleichberechtigten Zugang zum Studium

«Wie gestalten wir ein Lehrsystem für alle, wenn man weiss, dass die Masse aller Studierenden individuell nicht genau gleich schnell und effektiv lernt? Es ist nicht wertend gemeint, wir wollen ja möglichst alle berücksichtigen: Wir dürfen aber auch keinen 'Vorteilsausgleich' sprechen. (lacht)». Mit diesen Worten in einem Interview mit der Zürcher Studierendenzeitung hat der Rektor der Universität Zürich, Michael Schaepman, Ende September viele betroffene Menschen verletzt und verärgert.

Zwei offene Briefe

Unser Vorstandsmitglied Luana Schena, die selbst an der Uni Zürich studiert, hat die Irritation vieler in einem offenen Brief auf den Punkt gebracht: «Ihre Äusserung zum ‘Vorteilsausgleich’ empfinde ich als Hohn gegenüber den Nachteilen, die wir als Studierende mit Behinderung im Studium erfahren und dem Mehraufwand, den wir betreiben müssen, um ein Studium trotzdem erfolgreich abschliessen zu können.». Auch die Behindertenkonferenz Zürich hat mit einem offenen Brief reagiert; beide Texte finden Sie in den Links.

Doch wie kommt ein Mann wie Professor Schaepman darauf, etwas derart Undifferenziertes über den Nachteilsausgleich zu sagen? Vielleicht liegt es daran, dass einige der Kritikpunkte am Nachteilsausgleich auf den ersten Blick überzeugend wirken. Oft ist es sogar für Betroffene schwer, direkt die richtige Antwort parat zu haben.

Die wichtigsten Argumente

Wir haben fünf häufige Kritikpunkte am Nachteilsausgleich zusammengetragen – und Erklärungen formuliert, mit denen man dieser Kritik begegnen kann.

  1. «Wenn wir einen Nachteilsausgleich sprechen, tun wir Studierenden mit Behinderung einen Gefallen.» Richtig ist: Es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruch.
  1. «Der Nachteilsausgleich bevorzugt Studierende mit Behinderung.» Richtig ist: Ein Nachteilsausgleich bedeutet eine verhältnismässige Anpassung der Studien- und Prüfungsbedingungen. Studierende mit Nachteilsausgleich müssen dabei genauso die zentralen Anforderungen einer Ausbildung erfüllen. Der Nachteilsausgleich ermöglicht ihnen, dabei zumindest ähnlich gute Voraussetzungen zu haben wie Personen ohne Behinderung.
  1. «Der Nachteilsausgleich ist klar definiert und kann im Einzelfall nicht diskutiert werden.» Richtig ist: Die Ausgestaltung des Nachteilsausgleichs muss individuell betrachtet werden, im Verhältnis der Behinderung der Person.
  1. «Ein Nachteilsausgleich kann nur gewährt werden, wenn es für das Bildungsinstitut nicht zu aufwändig ist.» Richtig ist: Der Aufwand zählt gemäss Gesetz nicht zu den möglichen Gründen für eine Ablehnung.
  1. «Massnahmen für die Barrierefreiheit zählen zum sozialen Engagement einer Bildungsinstitution.» Richtig ist: Studierenden mit Behinderung gleiche Chancen zu gewähren, ist volkswirtschaftlich sinnvoll und bringt einen Nutzen für die ganze Gesellschaft.

Weitere Informationen finden Sie auch im «Leitfaden zum Nachteilsausgleich» von Swissuniability (in den Links). Und bei weiteren Fragen oder Diskussionsbedarf zum Thema können Sie sich gerne an die Interessenvertretung des SBV wenden: interessenvertretung@sbv-fsa.ch, 031 390 88 33.

 

Bildquelle: Universität Zürich / Frank Brüderli