BehiG – Ungenügendes Flickwerk, vage und unverbindlich

Die Schweiz hinkt bei der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen weit hinterher. Um dies zu ändern, ist eine umfassende Revision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) im Gange. Aktuell sind aber viele der vorgeschlagenen Vorgaben und Ziele zu vage und unverbindlich; der revidierte Entwurf wird in seiner jetzigen Form kaum dazu beitragen, die Rechte von Menschen mit Behinderungen tatsächlich zu stärken. Der SBV fordert Nachbesserung in den Bereichen Mobilität und ÖV, Arbeitsmarktintegration, Bildung und digitale Barrierefreiheit.

Mobilität und öffentlicher Verkehr: Es braucht verbindliche Verpflichtungen

Den öffentlichen Verkehr spontan und autonom nutzen zu können, auch mit einer Behinderung – dieses Ziel sollte gemäss BehiG per 01. Januar 2024 umgesetzt worden sein. Die Realität sieht leider anders aus. In der vorliegenden Teilrevision fehlt jedoch eine Nachfolgelösung, die sicherstellt, dass die noch nicht eingelösten Verpflichtungen im Bereich ÖV umgesetzt werden – für den SBV absolut nicht nachvollziehbar. Wir fordern daher, dass bis spätestens 2030 die barrierefreie Nutzung des öffentlichen Verkehrs in der ganzen Schweiz gewährleistet ist. Dabei muss der Aspekt der Zugänglichkeit für Menschen mit einer Hör- und Sehbehinderung ausdrücklich berücksichtigt werden. Konkret fordert der SBV verbindlich festzuschreiben, dass die Fahrgastinformationen im Zwei-Sinnes-Prinzip zur Verfügung stehen müssen. Damit die Frist auch eingehalten wird, braucht es zwingend eine griffige Kontrolle der Zielerreichung und wo notwendig, definierte Sanktionen.

Arbeitsmarktintegration und Bildung: Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern sich kaum

Der Arbeitsmarkt muss insgesamt zugänglicher werden für Menschen mit Behinderungen. Damit sich im Alltag von Betroffenen tatsächlich etwas ändert, müssen im BehiG klare Begriffsdefinitionen, griffige objektivrechtliche Verpflichtungen und sinnvolle Massnahmen festgelegt werden – dies fehlt zurzeit.

Auch bei der Bildung fehlt eine Konkretisierung von verbindlichen objektivrechtlichen Verpflichtungen; insbesondere in Bezug auf die von Menschen mit einer Behinderung benötigten Unterstützungs- oder Ausgleichsmassnahmen während einer beruflichen Grundausbildung, einer Hochschul- oder einer Weiterbildung. Gerade der jüngste Konflikt an der Universität Zürich hat gezeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Zugänglichkeit von Dienstleistungen: Digitale Barrierefreiheit muss verbindlich festgeschrieben werden

Mit seiner kürzlichen Ablehnung der «Motion für Digitale Barrierefreiheit im Privatsektor» (23.3582) hat der Nationalrat Menschen mit Sehbeeinträchtigung im Stich gelassen. Gerade sie sind jedoch auf barrierefreie digitale Dienstleistungen angewiesen. Auch hier bleibt der revidierte BehiG-Vorschlag leider vage. Der SBV verlangt verbindliche Angaben, u.a. ausdrücklich die Berücksichtigung des Standard eCH-0059 und die international anerkannten Web Content Accessibility Guidelines WCAG des World Wide Web Consortium W3C. Nur so ist gewährleistet, dass die digitalen Dienstleistungen tatsächlich barrierefrei zur Verfügung gestellt werden.

 

Bildquelle: SBB