Frühzeitig seinen Nachlass regeln – im Gespräch mit Isabelle Simon

Im Gespräch erläutert Isabelle Simon, Notarin und Rechtsanwältin, was man mit Blick auf seinen Nachlass wissen sollte, was oft unterschätzt wird und was es mit dem neuen Erbrecht, welches auf den 1.1.2023 in Kraft trat, zu beachten gibt.

Isabelle Simon ist als Notarin und Rechtsanwältin tätig. Sie leitet das Notariat bei Bracher & Partner und berät Klienten insbesondere in erbrechtlichen Belangen.

Weshalb sollte man sich frühzeitig mit der Nachlassplanung auseinandersetzen?

Wir haben in der Praxis immer wieder Fälle, in welchen man sich nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat und es dann böse Überraschungen gibt. So z. B. ein Konkubinatspaar, welches über 20 Jahre zusammengelebt und sich gegenseitig nicht abgesichert hat. Im Todesfall erben die Eltern oder Geschwister alles und der überlebende Partner geht leer aus.

Eliane Boss: Mir hat einmal eine ältere Dame gesagt, sei sie viel ruhiger, seit sie ihren Nachlass geregelt habe, weil sie so ihren Willen festgehalten habe, wie sie es wollte. Sie hat dies bereits alles in die Wege geleitet, als sie 40 Jahre alt war. Ist das sinnvoll?

Isabelle Simon: Ja, das ist durchaus sinnvoll. In der Praxis ist mir aufgefallen, dass sich die Klienten spätestens beim Hauskauf Gedanken zu ihrem Nachlass machen, schliesslich geht es darum, über das Vermögen nach dem eigenen Tod zu verfügen und festzulegen, wem es zusteht.

Generell empfehle ich, bestehende Regelungen alle 5-10 Jahre bzw. bei grösseren Veränderungen im Leben (unter anderem Heirat, Scheidung, Hauskauf oder anderer Vermögenszuwachs) zu überprüfen.

Was gehört zu einer Nachlassplanung? Was muss ich beachten?

Ganz klassisch geht es primär um die Verfügung seiner Aktiven (Haus, Barwerte, Wertschriften, Aktien etc.). Je nach Sachlage entscheidet man sich für das Testament oder den Erbvertrag. Dies muss individuell besprochen und bestimmt werden. Am besten lässt man sich von einer Fachperson beraten.

Nicht unberücksichtigt lassen sollte man auch den digitalen Nachlass. Dies fängt schon beim Code für das Entsperren des Handys oder auch bei den Passwörtern für den Facebook oder E-Mail Account an. Diesbezüglich kann man die Zugangsdaten zu Lebzeiten einer Vertrauensperson übergeben, sie schriftlich an einem sicheren Ort hinterlegen oder auch ein Online-Schliessfach (im Internet) eröffnen.

Im Übrigen weise ich die Klienten auch auf die Möglichkeit eines Vorsorgeauftrages hin. Mit dem Vorsorgeauftrag wird der Fall der Urteilsunfähigkeit (z. B. Demenz) bestimmt sowie wer sich um die persönlichen Belange kümmern soll. Dazu gehören die Personen- (medizinische Fragen) und Vermögensverwaltung (Wertschriften, Liegenschaften etc.) und die Vertretung im Rechtsverkehr (vor Gerichten, Behörden etc.). Ohne Vorsorgeauftrag muss im Falle der Urteilsunfähigkeit ein Beistand eingesetzt werden, welcher jährlich Rechenschaft über seine Tätigkeit liefern muss. Demgegenüber ist dies beim Vorsorgebeauftragten nicht nötig.

Je nach Inhalt des Vorsorgeauftrages kann die beauftragte Person auch Entscheidungen in Bezug auf lebenserhaltende Massnahmen treffen. Andernfalls müsste eine separate Patientenverfügung (Formular) ausgefüllt werden.

Schliesslich geht es bei der Nachlassplanung um ganz alltägliche Fragen: Wissen beide Ehegatten, bei welcher Bank die Konten sind? Wie die Steuererklärung ausgefüllt werden muss? Wie hoch die Hypothek ist? Oft verstirbt derjenige Ehegatte, welcher sich um die finanziellen Belange gekümmert hat, weshalb es wichtig ist, dass auch der andere Ehegatte bei diesen Themen involviert wird.

Eliane Boss: Das Erbrecht wurde ja revidiert und gilt ab dem 1. Januar 2023. Ist es nötig, mein altes Testament zu überprüfen, und wenn ich noch keines habe, worauf muss ich achten? Oder ist es besser, mich direkt an einen Notar/eine Notarin Notar/-in zu wenden?

Auch bestehende Regelungen empfehlen wir im Hinblick auf das neue Erbrecht zu überprüfen. Je nach Situation kann man mit der neuen Gesetzgebung eine Optimierung erzielen.

Falls man seinen Nachlass noch nicht geregelt hat, empfehle ich, wie eingangs geschildert, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Sicher ist es auch empfehlenswert, sich beraten zu lassen und nicht auf eigene Faust eine Regelung zu treffen. Auch hier sehen wir in der Praxis regelmässig Testamente, welche ungültig sind, weil man sich die Kosten eines Notars/einer Notarin sparen wollte.

Eliane Boss: Wenn jemand sein Testament nicht selbst erstellen kann, in unserem Fall sind es die blinden und sehbehinderten Menschen? Wie geht man vor?

Man lässt sein Testament vom Notar bzw. von der Notarin öffentlich beurkunden. Das heisst, dass der Notar/die Notarin das Testament für die verfügende Person abfasst und öffentlich beurkundet (unter Mitwirkung von zwei Zeugen, welche meistens Mitarbeitende des Notars/der Notarin sind). Entweder unterzeichnet die verfügende Person selber an der angegebenen Stelle oder das Testament wird – nach der Vorlesung – nur vom Notar/von der Notarin und den Zeugen unterzeichnet.

Eliane Boss: Das tönt zum Teil ja ganz schön kompliziert. Ist es sinnvoll, sich von einem Notar oder einer Notarin beraten zu lassen? Und wo hinterlege ich das Testament am besten? Zu Hause oder bei einer Person meines Vertrauens? Was würden Sie empfehlen?

Wir empfehlen immer die Hinterlegung beim Notar/bei der Notarin oder bei einer amtlichen Stelle (kantonal unterschiedlich). Wir melden der Wohnsitzgemeinde und/oder dem Zentralen Schweizerischen Testamentenregister jeweils den Hinterlegungsort (Notarin), so dass im Todesfall die Testamente beigezogen werden können.

Selbstverständlich kann man das Testament auch zu Hause aufbewahren, wobei es da immer ein Restrisiko gibt (Verlust, Beschädigung, mutwilliges Beseitigen durch einen Nicht-Begünstigten).

Eliane Boss: Vielen herzlichen Dank für das aufschlussreiche Gespräch. Ich werde auf jeden Fall mein Testament überprüfen lassen, damit dieses wieder auf dem neusten Stand ist und dem neuen Erbrecht, welches am 1.1.2023 in Kraft tritt, entspricht.

Warum soll ich den SBV in meinem Testament begünstigen?

Der SBV ist seit 1911 das Sprachrohr für blinde und sehbehinderte Personen. Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband wird auch in Zukunft für Menschen da sein, welche blind oder sehbehindert sind. Vieles hat sich in der Vergangenheit bereits gewandelt und konnte verbessert werden. Es gibt nach wie vor viel zu tun. Jeder Betrag aus Ihrem Nachlass unterstützt die Arbeit des SBV für die nachfolgenden Generationen. Erbschaften und Legate an den SBV sind von der Erbschaftssteuer befreit.

Sollten Sie noch Fragen haben oder Auskünfte wünschen, die Ihren Nachlass betreffen, oder möchten Sie den Schweizerischen Blinden- oder Sehbehindertenverband sogar im Testament berücksichtigen, können Sie mich gerne kontaktieren. Sie können den SBV auch als Vermächtnisnehmer einsetzen oder mit einem Legat bedenken, zum Beispiel mit einer bestimmten Summe. Die korrekte Anschrift für Ihre Zuwendung ist:
Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband, Könizstrasse 23, 3008 Bern

Portrait Eliane Boss

Eliane Boss
Verantwortliche für Spenden- und Nachlassplanung
Telefon: 031 390 88 10 (Montag bis Mittwoch)
eliane.boss@sbv-fsa.ch

IBAN: CH34 0900 0000 3000 2887 6

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