Barrierefreie Lösung für das Abfassen von Testament und Vorsorgeauftrag in Sicht

Der Nationalrat hat stillschweigend einen Vorstoss angenommen, der die digitale Verfügungsform von Testamenten und Vorsorgeaufträgen für gültig erklären will. Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband SBV freut sich über diesen wichtigen Schritt.


Im Zivilgesetzbuch ist in Artikel 505 und Artikel 361 die Abfassung des Testaments sowie des Vorsorgeauftrags geregelt. Darin ist festgehalten, dass diese Dokumente vom Erblasser, bzw. von der auftraggebenden Person von Anfang bis Ende von Hand niederzuschreiben, zu datieren und zu unterzeichnen sind. Für Menschen mit einer Sehbehinderung, aber auch Menschen mit anderen Behinderungen ist eine handschriftliche Niederschrift nicht möglich. Sie müssen daher für die Regelung dieser Angelegenheiten zum Anwalt oder Notar gehen, was sehr teuer ist. Personen, denen das Schreiben von Hand möglich ist, steht hingegen in der Regel die Möglichkeit zu, diese Angelegenheiten ohne den (teuren) Beizug eines Anwalts zu regeln. Somit besteht hier eine Diskriminierung im Gesetz.

Nationalrat Marcel Dobler hat deshalb auf Intervention des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes SBV zusammen mit vier Mitunterzeichnenden im Juni ein Postulat eingereicht, das den Bundesrat auffordert, eine Lösung zu erarbeiten, die es Menschen mit einer Behinderung ermöglicht, ein Testament oder einen Vorsorgeauftrag abzufassen, ohne dass dies zwingend handschriftlich getan werden muss. Konkret wird gefordert, dass Testamente sowie Vorsorgeaufträge in einer digitalen (z.B. audiovisuellen) Verfügungsform gültig errichtet werden können; insbesondere soll erreicht werden, dass eine Diskriminierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen (insb. Menschen mit körperlichen Einschränkungen) in Bezug auf die Formvorschriften vermieden wird. Nationalrat Dobler schreibt in der Begründung: «Angesichts der Entwicklung moderner Technologien ist es angebracht, eine digitale Verfügungsform zu akzeptieren.»

Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband ist sehr erfreut, dass diese Forderung ohne Opposition vom Nationalrat angenommen. Dies bringt insbesondere für Menschen mit Seheinschränkung und anderen körperlichen Behinderungen eine entscheidende Verbesserung. Gemäss Martin Abele, Bereichsleiter Interessenvertretung beim Blinden- und Sehbehindertenverband, ist dies sehr wichtiger Schritt: «Die angestrebte Lösung bringt für Menschen, die wegen einer körperlichen Behinderung nicht von Hand schreiben können, ein wichtiges Stück Autonomie.»

In der Schweiz leben über 375'000 (Tendenz steigend) Personen mit einer Sehbehinderung. Als nationale Selbsthilfeorganisation der blinden und sehbehinderten
Menschen in der Schweiz vertritt der SBV zusammen mit den anderen Blindenorganisationen die Interessen der betroffenen Menschen im ganzen Land.

 

Kontakt:

Martin Abele
Bereichsleiter Interessenvertretung
079-123 99 65
martin.abele@sbv-fsa.ch